Gewalt gegen Frauen und Kinder ist alltäglich und kommt in allen gesellschaftlichen Schichten vor – unabhängig von Einkommen, Bildungsstand, Bevölkerungsgruppe und Alter. Diese Gewalt ist nicht allein das individuelle Problem einzelner Frauen, Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches und somit ein politisches Problem. Sie ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Realität, die Gewalt hinnimmt oder ermöglicht.
Johann Galtung, ein norwegischer Friedensforscher hat bereits 1975 einen Gewaltbegriff definiert, der sich sehr gut dazu eignet, die unterschiedlichen existierenden Formen von Gewalt – hier insbesondere Gewalt gegen Frauen - zu verstehen. Er unterscheidet direkte oder persönliche Gewalt, kulturelle und strukturelle Gewalt, die von einander abhängig und gemeinsam auftreten.
Personale Gewalt
Gewalt, bei der es einen „Täter“ gibt, wird als personale oder direkte Gewalt bezeichnet.
Im Fall der personalen Gewalt lassen sich deren Folgen auf konkrete Personen als „Täter“ zurückführen.
Strukturelle Gewalt
Gewalt, die gesellschaftlich verankert ist und die ohne einen einzelnen Täter auskommt, wird als strukturelle oder indirekte Gewalt bezeichnet.
Auch von struktureller Gewalt sind einzelne Individuen betroffen.
Im Fall von struktureller Gewalt ist es aber unmöglich geworden deren Folgen auf konkrete Personen als „Täter“ zurückzuführen. Hier treten nicht Personen in Erscheinung, die anderen direkten Schaden zufügen. Die Gewalt ist systemimmanent und äußert sich in ungleichen Machtverhältnissen und folglich in ungleichen Lebenschancen.
„Strukturelle Gewalt ist die vermeidbare Beeinträchtigung grundlegender menschlicher Bedürfnisse oder, allgemeiner ausgedrückt, des Lebens, die den realen Grad der Bedürfnisbefriedigung unter das herabsetzt, was potentiell möglich ist“.
Kulturelle Gewalt
Als »kulturelle Gewalt« wird jede Eigenschaft einer Kultur bezeichnet, mit deren Hilfe direkte oder strukturelle Gewalt legitimiert werden kann. Kulturelle Gewalt ist der gesellschaftliche Hintergrund auf der die Rechtfertigung von Gewalthandlungen möglich wird.
Behindertenfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus, Homophobie u.a. sind Gewaltpraktiken, die durch Dominanzkultur und Ideologien der Ungleichheit gerechtfertigt werden.